Als Corona die Küsten Südamerikas erreichte und Ecuador unter einen strengen Lockdown setzte, sassen ich und mein Freund JP 2 Wochen in einem kleinen Fischerdörfchen Namens Puerto Engabao fest. Wir witzelten darüber, wie cool es wäre einen Skatepark im Dorf zu haben, um sich die Zeit zu vertreiben. 1 Jahr später kehren wir mit einem Plan, Betontaloschen und 24 Skateboards in das Dörfchen zurück.

Fotos – Muna Diouf
Learning how to build
Nach unserer Heimreise ins Schweizerland ergab es sich irgendwie, dass wir ins Skatepark bauen rutschten. Begeistert waren wir ohnehin schon von DIY-Parks, so richtig einen gebaut, hatten wir aber noch nie. Vor allem wegen unserer Freunde gerieten wir da rein und lernten auch so Wonders Around the World (besser) kennen. Die Organisation baut rund um die Welt, in ärmlichen Gebieten Skateparks und verschafft so einer Gemeinschaft Perspektiven und ein Lebensgefühl. JP konnte aufgrund seines Jobs viel Zeit im grössten DIY-Park und Projekt Europas verbringen: in Versus Park in Saint Jean de Maurienne an Jey Durands Seite. Als er sich dort am letzten Tag den Fuss brach, entschloss er sich seine Healing-Time nicht mit gamen, sondern mit der Planung eines eigenen Projekts zu verbringen. Und wo macht es mehr Sinn, als genau in diesem kleinen ecuadorianischen Dörfchen Puerto Engabo einen Skatepark zu bauen, wovon wir doch geträumt haben?
The Magic of Donations & Volunteers
Das Gesamtprojekt eines Dorfkerns mit Spielplatz, Fussballplatz, etc. kam wie gerufen. Unser ehemalige Hostel-Gastgeber und amtierende Präsident des Surfclubs Daniel, verschaffte uns ein Stück Land und die nötigen Kontakte. Hört sich so einfach an, was. Wir reden hier aber immer noch von Südamerika. Das OK, dass wir das Stück Land auch sicher haben, bekamen wir 3 Wochen vor Abflug. Ich bin heute noch überwältigt, dass wir innerhalb von 3 Wochen das nötige Geld in Spenden, die nötigen helfenden Hände in Form von Muna, Beni und La Torche und 24 Skateboards zusammen gekriegt haben. An dieser Stelle einfach nochmals ein fettes Dankeschön an alle!
Vor Ort haben Beni, JP und ich angefangen mit den Kids die Boards zusammenzuschrauben, mit all dem Hardware, dass uns unserer Freunde gespendetn haben. Wer sich zivilisiertes Aufpassen à la Schweiz vorstellt hat sich geschnitten. Es herrschte wahres Mayham! Das Leuchten in den Augen der Kids war aber heller als das Chaos und am Schluss waren alle Boards richtig zusammengeschraubt. Obwohl es schon spät war und wir absolut durch, konnten die Kinder nicht bis morgen warten mit skaten. Die waren so stoked! Wann immer jemand von uns noch Energie hatte, gingen wir mit den Kids skaten. An dieser Stelle ein fettes Hurray an Beni! Der ging mit denen noch skaten, wenn er so aussah, als ob er im Stehen einschläft und nie mehr aufwacht.
An diesem ersten Tag erfuhren wir zudem auch, dass wir noch ein Gespräch mit dem Gesamtprojekt-Initiant Franklin hätten, um ihn davon zu überzeugen, dass wir das Land haben können. Yep, ein Ja von Südamerika, ist halt erst ein Ja, wenn du die Hand schüttelst und ein Whisky mit Mineralwasser trinkst. Franklin und sein Architekt waren aber ziemlich schnell begeistert von uns und unserem Projekt, luden uns zum Zmittag ein und JP musste ein-, zweimal aufstehen und allen Beteiligten förmlich danken, inkl. Applaus von uns. Am nächsten Tag ging es dann aber gleich los mit einem groben ausbaggern der Rampe.
The Build
Danach scharrten sich Kids des Dorfes um uns und halfen uns mit Schaufel und Hacke die Rampe im Detail zu shapen. Wir fanden dann heraus, dass Daniel, der Präsident des Surfclubs ihnen klargemacht hat, dass sie ein Skateboard bekommen, wenn sie helfen. Was aber mit der Aussicht auf ein Skateboard anfing, wurde zu ihrem Tagesinhalt. Mädchen durften aus dem Haus um zu helfen und die Jungs nahmen lieber ein Werkzeug in die Hand, anstatt herumzulungern und auf eventuelle Arbeit zu warten. Wenn Muna oder ich nicht auf der Baustelle waren, durften die Mädchen nicht kommen und stets mussten wir darauf achten, dass keiner der Männer ihnen das Werkzeug wegnahm. Solche Sachen verschaffen einem doch andere Perspektiven und führt mal so richtig vor Augen, weshalb solche Projekte so wichtig sind. Dieses Ausbrechen aus dem Alltag, der für diese Kinder Armut und Gewalt beinhaltet, und das Erschaffen eines neuen Mittelpunktes in ihrem Leben mit ihren eigenen Händen, zauberte ihnen ein Leuchten in die Augen.
Obwohl wir eigentlich gerne den Kids das Betonieren zeigen wollten, kamen wir bei der ersten Betonmission nicht dazu, da dieser so schnell trocknete, dass wir 4 eins abrackerten und zusätzlich Anweisungen geben mussten. Nach 8h kam die erste grosse Erschöpfung, doch aufhören war keine Option und Ablösung auch nicht, also ging es weiter, bis in die Nacht hinein. Ich war glaub ich noch nie so müde wie damals. Wir hatten zum Glück super helfende Hände am Betonmischer und mitten im Einsatz kam Chino und montierte an der Elektroleitung ein Flutlicht. Die weiteren Betonmissions waren etwas weniger stressig, weil wir einerseits mit La Torche jemanden mehr hatten und die Pieces aufs Mal kleiner machten. So konnten wir immerhin etwas den Kids weitergeben. Und auch den erwachsenen Handwerkern, die mithalfen. Zuerst waren sie skeptisch gegenüber unserer Betonkonsistenz und Arbeitstechnik, doch nach der ersten Rampenwand waren sie nur noch begeistert; wie kann Beton so fein sein?
Ausserdem entstand in diesen ersten stressigen, schweissigen Stunden auch der Name des Skateparks: Miranda. Da Beni, den helfenden Händen immer wieder klar machen wollte ihm zuzuschauen und dann nachzumachen, sagte er in seinem Spanisch an die 1’000 Mal: Miranda! Frisch von den Bündner Alpen kann der weitgereiste Beni aber kein Spanisch und wusste deshalb nicht, dass es Mira! geheissen hätte. Die Kids fanden das so lustig, dass es sich wie zu einem Helga am Openair St. Gallen entwickelte und der Name mindestens einmal pro Tag durch das Dorf schallte.
Eines Nachts, während der zweiten Betonmission, kamen Polizisten zu uns und sagten es herrsche ein neuer Corona-Lockdown, ab 20:00 Uhr müssen alle im Haus sein. Wir konnten aber nicht weg, der Beton musste bearbeitet werden. Zum Glück liess sich die Polizei überzeugen, mit dem Versprechen aber, wenn sie uns morgen erwischen, werden wir verhaftet. Der Lockdown war das ganze Wochenende über, was uns zu einer dringend nötige Pause zwang. Ich glaube ohne diese hätte mindestens jemand von uns ein Burn-out gehabt. Dazu muss ich noch sagen, dass ich während der Bauarbeiten noch 50% remote arbeitete und wir meistens auch selbst kochten, abwuschen, etc. Madness!
In the near Future
Definitiv schlauer werden wir kommenden April zurückkehren, um die Miniramp in einen flowigen Park zu verwandeln. Geplant ist mit 15 Expert*innen, 60 kg Werkzeug, mehr Skateboards und Schonern nach Engabao zu reisen, wo nicht 1, sondern 2 Köche auf uns warten. Unterdessen hat JP beschlossen Wonders Around the World Switzerland zu gründen und weiteren Kids auf dieser Welt ein Leuchten ins Gesicht zu zaubern. Mit meinen Freundinnen und mir sind auch sicherlich immer viele Frauen vertreten, um sicher zu stellen, dass auch Mädchen daran beteiligt sein können.
Die Miniramp schafften wir gerade so fertig, mit den Lockdown-Regeln, und konnten sie sogar mit einer kleinen Party eröffnen. 3 Mädchen und ein Junge schafften gleich am ersten Abend ein Drop-in und machten kürzlich an ihrem ersten Skatecontest mit. Es ist schwierig zu erklären, weshalb Skateparks bauen und skaten so viel Sinn macht in ärmlichen Gebieten. Wenn du aber selbst fühlst, was dir skaten alles als privilegierte Person gegeben hat, dann macht es nur noch Sinn. Die Kids wissen aus was dieser Skatepark ist, was man dazu braucht und daraus machen kann. Mit eurer Hilfe können wir kommenden April ihren Wunsch gänzlich erfüllen und das Versprechen vom letzten Jahr wahr machen. Jeder Franken zählt, beim anklicken des Bildes unten kannst du deine Spende beisteuern! Und folgt allen Projekten von Wonders Around the World auf Instagram oder der Website!
