Vera Nording hat das kalte Schweden hinter sich gelassen und ist den Wellen und der Liebe nach Sri Lanka gefolgt. Eine Verkettung glücklicher Umstände hat sie vor zwei Jahren auf die Inselnation im indischen Ozean gebracht. Hier lebt die Fotografin, Surferin und vielfache Hundemama mit ihrem Partner in Weligama und gibt uns einen Einblick in ihr Leben und wieso die gemeinnützige Organisation “Ceylon Paws” seit neustem ihr Herzensprojekt ist.

[Driele] Vera, erzähl uns etwas über dich. Woher kommst du und wie bist zum Surfen gekommen?
[Vera] Aufgewachsen bin ich einem Stockholmer Vorort, bin aber halb Schwedin und halb Finnin.Meine Mutter war früher Flight Attendant und so nahm sie mich ab und an auf ihre Reisen mit.

Der Kontakt zu verschiedenen Kulturen und Ländern in einem jungen Alter hat wesentlich zu meiner persönlichen Entwicklung und Charakterprägung beigetragen und mich zu dieser Person gemacht, welche ich heute bin. Ich empfinde es als ein grosses Privileg, dass ich aufgrund des Berufs meiner Mutter so viel schon sehen und erleben durfte. Als ich 14 Jahre alt war, führte uns eine Familienreise nach Kalifornien. So kam es, dass ich dort das erste Mal während einer Surflektion auf dem Surfbrett stand. Zurück in Schweden hatte ich leider keine Möglichkeit, weiter zu surfen. Meine Schwester hatte mit dem Snowboard einige Winter in Whistler verbracht und in meinem Kopf stand schon fest, dass ich nach meinem Schulabschluss das gleiche machen werde. Zwischenzeitlich zog es mich aber erneut zum Surfen nach Bali und von da an war ziemlich klar, dass ich diesen Plan vom Snowboarden in Whistler über den Haufen schmeisse werde und mich lieber dem Surfen widmen möchte. Ich habe also meinen Schulabschluss gemacht, für sechs Monate gearbeitet, um mir etwas Geld zusammenzusparen und bin anschliessend für zwei Monate nach Costa Rica geflogen. In Costa Rica verbrachte ich endlich mehr Zeit im Wasser und feilte an meinen Surf-Skills. Nach Costa Rica begann ich mein Studium in Schweden und zwischen Studium und meinem Studentenjob zog es mich immer wieder ans Meer.
Wie konntest du an deinen Surf Skills regelmässig feilen? Schweden hat zwar einen Zugang zum Meer, ist ja aber nicht gerade als Surf Hotspot bekannt.
Zwischen meinem Studium und den Semesterferien verbrachte ich viel Zeit in Frankreich und Costa Rica. Erst dann kam bei mir das Gefühl auf, dass ich im Surfen besser werde. Das Surfen hat während den letzten zehn Jahren sehr viel Platz in meinem Leben eingenommen und dadurch wurde ich auch richtig gut. Es ging soweit, dass ich an einigen Wettbewerben teilnahm oder eine Zeit lang als Surflehrerin arbeitete. Selbst nach all diesen Jahren lerne ich aber immer noch dazu. Ich muss aber auch sagen, dass sich meine Einstellung zum Surfen mit dem Älterwerden geändert hat. In meinen Zwanzigern war das Surfen ein total zentraler Punkt in meinem Leben. Als ich aber einen Job bei Spotify angenommen habe, hatte ich plötzlich nicht mehr viel Zeit, um auf Surftrips zu gehen. Natürlich nutze ich jede Gelegenheit, um während meinen Ferien wieder auf dem Brett zu stehen. Meistens war ich aber so frustriert im Line-Up, da ich mir selber so viel Druck machte, wieder so gut wie früher im Wasser zu performen. Ich hatte ja schliesslich nur zwei Wochen Zeit und wollte möglichst viel und gut surfen. Dieser Druck nahm mir die Freude und Leichtigkeit, welche ich früher beim Surfen verspürte. Als ich nach Sri Lanka gezogen bin, musste ich wieder lernen, Spass und Freude am Surfen zu haben, um diesen Druck abzulegen. Ich habe bemerkt, dass ich niemandem etwas beweisen oder besser werden muss. Surfen kann so meditativ aber auch spielerisch sein und man ist immer in der Natur. Ich habe gelernt, diese Seite am Surfen mehr zu schätzen und lieben.

Wie kam es, dass es dich nach Sri Lanka gezogen hat?
Ich hatte damals meine Stelle bei Spotify gekündigt, die eigentlich toll war. Ich konnte viel Reisen, mit verschiedenen Musikern arbeiten und Events veranstalten. Dann kam es aber zu Schwierigkeiten mit meinem damaligen Vorgesetzten und ich entschied mich, die Stelle zu verlassen. Eine Freundin von mir organisierte ein Retreat in Sri Lanka und ich dachte mir, dass ich die Auszeit gut gebrauchen konnte. Zwei Tage vor meiner Heimkehr aus Sri Lanka habe ich bei einem Tinder-Date meinen jetzigen Partner kennengelernt. Zu Hause angekommen war mir klar, dass ich mehr Zeit in Sri Lanka verbringen möchte, bevor ich mich wieder einer neuen beruflichen Herausforderung widmen wollte. Zurück in Sri Lanka verliebte ich mich prompt in mein Tinder-Date, zusammen haben wir einen einen Strassenhund adoptiert und sind kurzerhand in ein Haus gezogen (lacht). Ich bin nicht ein besonders spiritueller Mensch, aber wenn ich zurückschaue, dann glaube ich, dass all diese Geschehnisse aus einem bestimmten Grund passiert sind. Auch wenn es nicht immer einfach und eine Zeit lang ein ständiges auf und ab war, fühlt es sich nun an, als würde ich das Leben leben, welches ich immer Leben wollte.
Sri Lanka ist ja das komplette Gegenteil von der modernisierten “westlichen” Welt, welche wir kennen. Inwiefern unterscheidet sich dein Leben in Sri Lanka von dem in Schweden?
Hier herrscht sicher ein viel entspannterer Lebensstil, was ich sehr mag. Ich kann mir meine Zeit so einteilen, wie ich es gerne haben möchte und auch meinen Alltag selber bestimmen. Dieser ständige Druck und der Stress, welcher in der westlichen Welt so omnipräsent geworden ist, gibt es hier nicht. Ich surfe nicht mehr jeden Tag, aber das ist auch völlig okay so. Das Paradies hat auch aber seine Schattenseiten. Es gibt regelmässige Stromunterbrüche oder das Internet fällt mal wieder aus. Moskitos können eine unheimliche Plage sein oder auch bestimmte Lebensmittel und Alltagsgüter findet man hier nicht oder nur schwer. Unter dem Strich habe ich aber gelernt, mit all diesen Dingen umzugehen und mich nicht allzu sehr aufzuregen. Schliesslich ist kein Ort auf dieser Welt perfekt.
Du machst wunderschöne Lifestyle und Surf-Bilder. Wie bist du zum Fotografieren gekommen?
Nach einer Jobmöglichkeit in Sri Lanka, welche dann nicht zustande kam, stellte sich bei mir die Frage, was ich nun in Zukunft machen werde. Die Fotografie war schon immer ein Hobby von mir und ich sah darin eine Möglichkeit, dies zu meinem Beruf zu machen. Also absolvierte ich einige Onlinekurse und fing an, so viel wie möglich hinter die Linse zu stehen. Ziemlich schnell kam die erste Anfrage von einem Brand für ein Shooting. Eines führte zum Anderen und die Aufträge wurden immer zahlreicher. Da es hier kaum Konkurrenz gibt, sprach es sich schnell herum, dass ich Fotografin bin, was natürlich ein grosser Vorteil für mich war und den Einstieg leichter machte.


Du hast dir die Surf-Fotografie selber beigebracht. Ich kann mir vorstellen, dass das Fotografieren im Wasser ziemlich herausfordernd sein kann.
Ja, total! Man ist ständig am herum schwimmen, muss sich neu im Wasser positionieren und zusätzlich sind da auch noch Strömungen, welche nicht zu unterschätzen sind. Es kann ein richtiges Workout sein (lacht). Je nach Wellengang kann das Shooten im Wasser super einfach oder total schwer sein. Meine Surfkenntnisse haben mir dabei geholfen, da ich immer genau weiss, wo ich mich im Meer positionieren muss, um ein gutes Bild zu kriegen. Es macht so viel Spass, im Wasser zu fotografieren und ich lerne jedes Mal etwas dazu.
Dein neuestes Projekt, welches dir sehr am Herzen liegt, ist die gemeinnützige Organisation “Ceylon Paws”, die du letztes Jahr gegründet hast. Was hat dich dazu bewogen?
Als erstes muss ich erwähnen, dass ich so unglaublich stolz und glücklich darüber bin. “Ceylon Paws” kam zustande, weil mein Partner und ich drei Strassenhunde gerettet und bei uns aufgenommen haben, seit wir in Sri Lanka leben. Wir sind oft Hunden und Katzen begegnet, welche in einem schrecklichen Zustand waren und Hilfe benötigten. Erschreckend war auch die Tatsache, dass Hundewelpen einfach am Strassenrand oder am Strand entsorgt werden. Wir konnten bei diesem Elend schlicht und einfach nicht wegschauen und haben geholfen, so gut es ging. Unsere Rettungsaktionen haben wir jeweils auf Instagram dokumentiert und so kam es, dass immer mehr Leute uns fragten, wie sie uns unterstützen können. Uns kam dann die Idee, auf Instagram zu erwähnen, wie viel eine medizinische Behandlung des geretteten Tieres kosten würde und innerhalb kurzer Zeit hatten wir den Betrag zusammen. Mein Partner und ich entschieden uns anschliessend, eine gemeinnützige Organisation zu gründen und das Ganze so offiziell zu machen. Wir versuchen uns darauf zu fokussieren, so viele Hunde wie möglich zu kastrieren und zu sterilisieren. Eine solche Behandlung kostet hier in Sri Lanka umgerechnet etwa CHF 15.-, was für westliche Verhältnisse unglaublich günstig ist und ein Hundeleben vollkommen zum Positiven verändern kann. Am meisten möchten wir aber mit Öffentlichkeitsarbeit aufklären, damit die Bevölkerung und Touristen selber proaktiv werden können, wenn es zum Beispiel um eine Hunderettungen geht oder die Sterilisierung und Kastrierung der Tiere. Nur so kann man das Elend schlussendlich eindämmen.
Meine letzte Frage an dich: Was sind deine Zukunftspläne? Hast du noch weitere Projekte, welche du in Angriff nehmen möchtest?
Mein Hauptfokus liegt im Moment auf “Ceylon Paws”. Ein Traum von mir wäre es, dass wir einige Personen für “Ceylon Paws” anstellen könnten und einen Ort haben, wo wir die geretteten Hunde temporär unterbringen können, bis diese vermittelt sind oder sich von einem medizinischen Eingriff erholt haben. Es soll kein klassisches Tierheim sein, aber zumindest ein Ort ausserhalb unseres Hauses (lacht). Meine fotografische Karriere möchte ich sicherlich auch vorantreiben. Zur Zeit gehe ich aber alles ein wenige gelassener an. Im letzten Jahr ist unglaublich viel passiert. Ich möchte mir gerne etwas mehr Zeit für mich selber nehmen und natürlich ein wenig mehr Surfen. (lacht)
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